Ein Kommentar von Susan Bonath. Rund 240.000 Demonstranten sind im konservativen Deutschland eine hohe Zahl.
Vor allem, wenn sie für Solidarität auf die Straße gehen. Denn Solidarität ist etwas, das man im global grassierenden kalten Spätkapitalismus mit der Lupe suchen muss.
Eine knappe Viertelmillion Menschen also – man mag es kaum glauben – gingen am Wochenende auf die Straße, weil sie (Zitat) »nicht zulassen« wollen, »dass Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden«, oder kurz: Menschenrechte seien #unteilbar.
Solidarität gehöre der Armutsrentnerin genauso wie dem Armutsflüchtling. Ja, angesichts der realen, von Hass und Aggression erschütterten Realität waren dies wahrlich eine Menge Menschen. Angemeldet hatte die Großdemo ein Anwalt des Vereins »Rote Hilfe«.
Dieser ist mitnichten übermäßiger Kooperation mit dem Staat verdächtig. Wird er doch seit langem von dessen Geheimdiensten überwacht.
Die Springerpresse als Propaganda-Maschine des Kapitals spuckte Gift und Galle. Ein »Linksextremer« sei er, dieser Anwalt, tönte sie. »Verbieten!«, schrillte es in den Kommentarspalten. Doch auch vermeintlich Linke echauffierten sich, als gäbe es kein anderes Problem im Land als eine Großdemonstration für Menschenrechte. Die angeprangerten Hauptpunkte: Die Aufrufer hätten Fluchtursachen nicht benannt, die soziale Frage ignoriert und rein moralistisch für offene Grenzen geworben. Mal davon abgesehen, dass ein Plädoyer »für offene Grenzen« gar nicht vorkommt. Und dass entgegen der Darstellung der »linken« Kritiker sehr wohl bereits ganz oben im Aufruf dem Sozialabbau der Kampf angesagt wird. Dass man also schon mit falschen Unterstellungen arbeitet.
Tatsächlich steht im Aufruf aber auch nichts vom real existierenden globalen Kapitalismus und seinen staatlich forcierten Rohstoff- und Markteroberungskriegen für private Profite, von seinen Plünderungsorgien in der »dritten Welt«. Nun, aber ist nicht genau dies das Merkmal bürgerlicher Aufrufe? Rechtfertigen die Anhänger der #unteilbar-Kritikerin Sahra Wagenknecht etwa nicht die völlig fehlende tiefer gehende Kapitalismuskritik ihrer Linkspartei-Ikone damit, dass deren Projekt #Aufstehen ansonsten gar nicht sammeln könnte, wen es sammeln möchte? Und hat nicht ausgerechnet #Aufstehen frühere Kriegstreiber wie den Grünen-Politiker Ludger Volmer integriert, wie auch so manchen Hartz-IV-Befürworter von der SPD?
Ich meine: Jedem halbwegs gebildeten Linken sträuben sich die Nackenhaare angesichts gewisser Plädoyers für ein Zurück zum »Sozialstaat« der 60er und 70er Jahre und dieser beinahe Bettelei bei den Herrschenden um ein paar Brosamen fürs deutsche Proletariat und Kleinbürgertum. Selbigen nationalen Reparaturkapitalismus predigt immerhin ein Björn Höcke von der AfD auch so nebenher. So beschwor dieser doch erst vorgestern auf dem Thüringer AfD-Parteitag in Arnstadt, er wolle das System gar nicht stürzen, sondern lediglich die Regierung auswechseln und zurück zur alten BRD.
Ausgerechnet für jene Wagenknecht-Anhänger konzentrieren sich die #unteilbar-Aufrufer zu wenig auf die Ursachen von Flucht und Migration. Wobei verschwiegen wird, dass diese massenhaft auf Transparenten und durch Rufe im riesigen Demozug angeprangert wurden, wie auch Aufnahmen des Senders RT Deutsch beweisen. Doch muss man zugunsten vieler #Aufstehen-Mitglieder auch betonen: Sehr viele, darunter sogar Mitinitiatoren, waren nicht der Meinung ihrer selbst erklärten Anführerin. Sie riefen zur Teilnahme auf und bildeten sogar einen eigenen Block. Respekt.
Doch zurück zu den möchtegernlinken #unteilbar-Kritikern: Sie wollen offensichtlich die Grundvoraussetzung für jede Umwälzung der Verhältnisse – nämlich internationale Solidarität innerhalb der unterdrückten Klasse – um jeden Preis verhindern.
Sie suchen das Haar in der Suppe...weiterlesen hier: https://kenfm.de/tagesdosis-15-10-201...
+++ Fotohinweis: wikimedia.commons.org, Urheber: Leonhard Lenz, Lizenz: CC0 1.0 Universal (CC0 1.0) "Unter dem Motto '#Unteilbar - Solidarität statt Ausgrenzung' zog am 13. Oktober 2018 eine Demonstration mit 240.000 Menschen durch Berlin."
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